Tag 2:    Camping Haldensee – Hahntennjoch – Meran –Brasaschlucht – Sirmione

Um 06:30 Uhr klingelt mein Wecker. Ich weiß, dass ich heute eine mächtige Strecke vor mir habe, deshalb wird nicht noch einmal umgedreht sondern ich hüpfe aus dem Zelt. Die Sonne geht auf und kaum eine Wolke ist zu sehen. Ich beginne meinen Tag wie gewohnt damit erst einmal Kaffee zu kochen. Ich lüfte das Zelt, hänge Schlafsack und Co. erst einmal auf die Leine und lasse alles von den ersten Sonnenstrahlen trocknen während ich dusche. Kaffee in die Thermoskanne füllen, packen und um 08:00 Uhr starte ich!

 

Mein erster Weg führt mich kurz vor Imst über das Hahntennjoch. So früh morgens ist kaum jemand unterwegs und ich kann die wirklich tolle Auffahrt beinahe alleine genießen. Und die Auffahrt ist wirklich schön! Kaum enge Kehren sondern schön langgezogenen breite Kurven in regelmäßigen Abständen. Man kommt so richtig schön ins Schwingen und ist fast enttäuscht, wenn man oben ankommt. Hier liegt um diese Jahreszeit natürlich noch Schnee am Rand und ich kann es nicht lassen mein Motorrad vor einem Schneerest zu fotografieren.

 

Weiter geht es über Imst der Bundesstraße und immer dem Inn entlang Richtung Reschenpass. Ich wollte auf jeden Fall wenigstens bei der Anfahrt die Autobahn sowie überhaupt die Brennerstrecke vermeiden. Nach wie vor ist wenig Verkehr, die Grenze wird ohne Kontrolle passiert und schon ist man am Reschensee. Dort gibt es gleich 2 Überraschungen für mich. 1) ist der Parkplatz total überfüllt mit Motorrädern und Busen und ich frage mich, wo die bisher alle waren, da die Straßen ziemlich leer sind. 2) ist dies ja der Stausee wo der Kirchturm mitten im See steht. Jetzt fällt mir wieder ein, dass ich hier ja schon bei meiner ersten Gardaseetour hin wollte, mich dann aber für eine andere Strecke entschieden habe. Ich habe das Bild von der Kirche einmal auf der Homepage von den Qridern gesehen und wollte unbedingt da hin. Jetzt bin ich eher zufällig da, aber auch gut!

 

Nach ein paar Bildern und einer Tasse Kaffee mache ich mich auf den Weg Richtung Meran. So wenig bislang auf den Straßen los war, so verstopft sind sie jetzt auf der italienischen Seite. Jetzt wird mir erst klar, dass in Italien gar kein Feiertag ist und sich hier der Berufsverkehr, jede Menge LKWs mit den Urlaubern aus Österreich und Deutschland treffen. Eine schreckliche Kombination und so rolle ich ganz langsam in einer Kolonne bis Meran durch italienische Bergdörfer.

 

Kurz nach Meran Richtung Lago di Molvano wird es wieder besser aber ich bin inzwischen ziemlich genervt und freue mich auf meinen Zwischenstopp beim Castello Belfort. Hier kann ich mir ein wenig die Beine vertreten, die Landschaft genießen und meine Brötchen essen.

Irgendwann fängt der Verkehr Richtung Riva wieder an zu stocken, was ich aber auch erwartet habe, nach der Erfahrung aus 2009. Komischerweise ist es aber ab Riva an der Uferstraße ganz ok zu fahren und ich begebe mich auf die Suche nach der Brasaschlucht. Ich hatte mir die Auffahrt ja in mein Navi eingespeichert und ein paar Mal auf Google Earth angesehen -  weil ich ja letztes Mal daran vorbeigefahren bin.. Nach einem kurzen Tankstopp in Limone fahre ich ganz aufmerksam und suche die versteckte Abzweigung. Mein Navi meint nämlich, dass ich daran vorbeigefahren bin! Ich bin nicht sicher, wem ich glauben soll und fahre deshalb noch ein Stück. Da ist sie – weiter als gedacht hinter Limone aber jetzt geht es los!

Die ganz schmale Straße windet sich umgeben von üppiger Vegetation den Berghang hoch und offenbart immer wieder einen tollen Blick auf den See. Es geht durch schmale Felsdurchbrüche und immer wieder muss man auf den nicht einsehbaren Gegenverkehr achten. Plötzlich stehe ich mitten im Wald vor einer roten Ampel. Hähh? Also warten. Hinter mir bildet sich langsam eine Schlange und es wird nicht grün.. es kommt aber auch niemand entgegen. Ich bin schon kurz davor loszufahren als plötzlich doch Motorräder kommen und tatsächlich wird es nach 6 Minuten (gefühlten 15 Minuten) grün. Ich düse los und merke gleich, dass ich jetzt erst durch die Schlucht fahre. Die Straße ist so schmal, dass der Verkehr mit einer Ampel geregelt ist. Die Schlucht ist wirklich beeindruckend, irgendwie wild – romantisch, leider ist man schneller durch als ich dachte. Auf der anderen Seite, wo schon die Nächsten an der Ampel warten, halte ich kurz um Bilder zu machen. Hier steht auch die berühmte Madonna in der Grotte, welche ich schon ein paar Mal in Reiseberichten gesehen habe.

Ich fahre weiter in das nächste Bergdorf, da ich aber keine vernünftige Straße finde, welche mich wieder zum See runter bringt beschließe ich kurzerhand umzukehren und noch einmal durch die Schlucht zu fahren. Ich werde nach der Schlucht bei der Abfahrt mit einem fantastischen Blick auf den Gardasee belohnt.

 

Nun steht die eigentlich kurze (mein Navi sagt 70 km) Fahrt bis Sirmione an. Wie ich befürchtet habe ist die Straße jetzt total verstopft und ich quäle mich mit maximal 30 km/h  entlang des Sees , später durch Gewerbegebiete in Desenzano und Sirmione bis zum Campingplatz. Mittlerweile ist es ja überall in Europa Mode, alle 100 m Ampeln oder einen Kreisverkehr zu bauen. Das hier ist aber nicht zu toppen! Hier ist bei jeder Supermarktausfahrt eines von beiden und der Verkehr kommt nie zum rollen! Ich schwöre mir diese Strecke NIE wieder zu fahren und komme nach Stunden um 18:00 Uhr total genervt am Campingplatz Sirmione an.

Der Platz entsprach in der Vorplanung schon gar nicht meinen Vorstellungen (mitten in der Stadt, viele Wohnwagen), aber ich wollte unbedingt in der Nähe der Altstadt campen um diese zu Fuß zu erkunden. Irgendwie sah das aber alles schon sehr gepflegt und professionell aus und die Poollandschaft neben der Rezeption war auch schon ganz nett anzusehen.  – im Besonderen, da es dort mittlerweile 30 C hatte und ich komplett durchgeschwitzt war.

Nach dem Check in werde ich mit einem kleinen Golfcart zu meinem Platz begleitet – freie Platzwahl is hier nicht – und bekomme eine kleine, von Hecken umrahmte Parzelle zugewiesen. Mein skeptischer Blick auf den Kiesboden wurde ignoriert und später sehe ich auch, dass es hier überhaupt keine Grasplätze gibt. Egal, ich will nur noch aufbauen und raus aus den Klamotten.

 

Auf den zweiten Blick mag ich meinen Platz, der gerade mal so groß ist, dass mein Zelt, mein Stuhl und mein Motorrad darauf passen. Ich baue nämlich mein Zelt unter einem Olivenbaum mit Blick auf den See auf und allein der Gedanke daran endlich im Süden zu sein, gleich die Sonne genießen zu können und in den Pool zu hüpfen lassen meine Laune ungemein steigen.

Nach dem Zeltbau beschließe ich das mit dem Pool doch zu lassen sondern einfach schnell kalt zu duschen. Es ist schon später als geplant und ich möchte möglichst viel von Sirmione sehen.

Erfrischt und nach ein paar Bildern vom See hole ich mir noch einen Stadtplan und mache mich auf den Weg in die Altstadt. Bei der Planung habe ich gesehen, dass der Weg zur Burg ca 3 km lang ist. Völlig orientierungslos laufe ich trotz Karte erst einmal den See entlang in die falsche Richtung. Nach 10 min. bemerke ich den Fehler und drehe dann um. Peinlich.. und das trotz Plan…

 

Nach einer 40 minütigen Wanderung auf die Halbinsel erreiche ich dann doch die Burg, welche gleichzeitig den Durchgang zur Altstadt darstellt. Hier ist erwartungsgemäß viel los  - um nicht zu sagen es ist total überlaufen – aber irgendwie hat die Stadt direkt am See doch etwas sehr gemütliches. Enge Gassen, kleine Boutiquen, ein kleiner Hauptplatz der mit seinen Straßencafes auch etwas Mondänes ausstrahlt. Ich beschließe spontan mir hier in der ersten Reihe eines Cafes ein Bier zu gönnen und das Treiben zu beobachten.

Ich bestelle „una birra per favore“ und auf die Frage „grande?“ sage ich natürlich ja. Dann kommt die Rückfrage „un litro?“ ich bin perplex.. die bieten hier ein Mass Bier an?? Ich bestelle dann doch eine Halbe und nicht nur, dass das Bier in einer Glasschale serviert wird, ich bekomme auch gleich ne ganze Vorspeise, bestehend aus Olivenbrot und Mixed Pickles dazu. Ja, ich glaub ich mag das hier doch ganz gerne. Ist mal was anderes als die Freizeit in der Wildnis oder auf dem Berg zu verbringen...  Die Rechnung dafür beträgt dann zwar EUR 6 aber das war das Bier mit dem ganzen Drumherum wert. Ich hab’s genossen.

 

Ich mache mich auf den Rückweg und setze mich in eine nette Pizzeria, welche ich auf dem Hinweg schon entdeckt habe. Das Essen war dann der perfekte Abschluss für einen nicht ganz perfekten Tag. Eine tolle Pizza Calabrese, kühler Weißwein und dann noch ein Limonenschnaps vom Haus zur Rechnung.

 

Am Platz angekommen höre ich schon von weitem laute Musik – da muss ich hin! Ich gehe Richtung Strand, wo vor dem kleinen Restaurant eine Liveband spielt. Ich setze mich auf dem Steg und lausche der richtig guten Musik auf der mit Fackeln beleuchteten Terrasse. Nach einer halben Stunde falle ich gegen 23:00 Uhr glücklich, zufrieden aber todmüde in mein Zelt und schlafe sofort ein.

Tagesstrecke: 422 km