Norwegentour 05. bis 14. August 2015

Tag 4

08.08.2015

Fagernes – Trollstigen

Gefahrene KM: 323

 

Ich bin wieder pünktlich um 06:30 Uhr wach – meine innere Uhr scheint sich von den normalen 05:15 ganz schnell auf diese Zeit eingestellt zu haben. Ich mache eines der Dinge, welche ich mir für Norwegen vorgenommen habe – ich dusche unter dem Wasserfall! OK – das war seeehhr kalt, aber auf meiner Liste von Dingen die ich unbedingt mal machen möchte ist wieder ein Haken. Auf jeden Fall bin ich so wach, dass das Einpacken und Kaffee kochen schneller geht als sonst und ich schon um 08:30 Uhr wegkomme. Wenn alles wie geplant läuft hält das Wetter und ich kann meinen Plan verwirklichen schon am Nachmittag mein Zelt aufzubauen und ohne Gepäck auf den Trollstigen zu fahren.

Nach einer halben Stunde Fahrt auf der wirklich tollen R 51 fahre ich bald einsam und alleine durch die norwegische Wildnis! Genau so habe ich mir das vorgestellt! Es wird immer schöner, langsam geht es hoch auf das Refellja, es wird karger und das Bergpanorama ist so schön, dass ich immer wieder stehen bleibe um Bilder zu machen. Irgendwann fahre ich durch Beitostollen und erst jetzt wird mir bewusst, dass ich die ganze Zeit durch ein eigentlich bekanntes Schigebiet Norwegens gefahren bin.

Es geht noch weiter hoch, was ich langsam auch an den Temperaturen merke. Mein Thermometer zeigt nur noch 6 C an und bald sehe ich die ersten Schneereste. Es ist unglaublich schön natürlich hier oben – nur Steine, Gras, viele kleine Seen und ein paar Schneefelder. Außer ein paar verstreuten Wohnmobilen beim Wildcampen sieht man nichts Zivilisiertes. Ein paar Schilder (Elche, Schafe, Kühe, Rentiere) weisen abwechselnd darauf hin, dass es hier überhaupt Leben gibt.

Bislang habe ich nach jedem Elchschild erwartet, einen zu sehen, was aber nie geklappt hat. Hier stehen nach einem Schafschild plötzlich tatsächlich Schafe auf der Straße. Ich musste mal kurz wirklich scharf bremsen.. Irgendwann kommt ein Schild mit Rentieren drauf und ich denke noch.. „na wenn das mit den Schafen klappt..“ und keine 500 m weiter fahre ich an einer Rentierherde vorbei! Wieder scharf gebremst, Handschuhe weggeschmissen, Foto raus und ganz schnell Bilder gemacht – getroffen! Super, sonst klappt so was nie!

Auch die Abfahrt vom Fjell ist landschaftlich wie fahrtechnisch ein Genuss. Schöne lange Kurven und eine super Aussicht. An einem kleinen Gebirgssee mache ich meine Mittagspause (es lohnt sich meine Brote am Vorabend für die Fahrt am nächsten Tag fertig zu machen – ich liebe diese zermantschten weichen Brötchen mit Wurst, Käse und Paprika ) und genieße die Sonne und die unglaubliche Landschaft.

 

Weiter geht es auf die E6 nach Dombas und von dort auf die E136. Irgendwie hatte ich durch die Erfahrung gestern ein wenig Angst vor den Bundesstraßen, aber diese hier sind sehr schön und vor Allem ist doch sehr wenig Verkehr.

 

Langsam ziehen sich um die Berge rum Wolken zusammen und ich fürchte schon, dass mein Wetterglück bald zu Ende ist. Ich sehe aber die Sonne in der Richtung wo ich hinwill und beschließe die Regenklamotten erst einmal eingepackt zu lassen (man muss ja sein Pech nicht heraufbeschwören.. )

Bei Lesja kommen mir die ersten Autos mit nassen Scheiben entgegen und schon bekomme ich die ersten 3 Tropfen auf den Helm. Ich halte an einer Bushaltestelle, stelle mich unter und sehe zu wie die Regenwolke an mir vorbeizieht -  ohne dass es regnet. Schon sehe ich die Sonne wieder und ich beschließe weiter zu fahren. 200 m weiter sind die Straßen klitschnass, die Regenwolke hat hier wohl alles gegeben, bevor sie über mir war. Wieder einmal Glück gehabt!

 

Die Strecke E136 nach Andalsnes ist schon das nächste Highlight auf der Tour. Man fährt zwischen hohen Felswänden entlang des Flusses Rauma und auf beiden Seiten stürzen Wasserfälle den Fels runter. Ich muss ständig halten um zu staunen.

Da das Wetter gut ist, beschließe ich genau das zu machen, was ich vor hatte. Ich fahre den Trollvegen Camping an und baue mein Zelt auf einer riesigen Rasenfläche mit Blick auf die höchste Felswand Norwegens auf. Der Platz ist kaum zu toppen! Die Wasch- und Toilettenhütte ist im norwegischen Stil gebaut, mit bepflanztem Dach, total modern eingerichtet, sauber … und in der Ferne rauscht ein Wasserfall!

Nachdem ich alles verstaut habe und die Helmkamera montiert ist geht es auf zum Trollstigen, keine 10 km vom Platz entfernt.

 

Jeder der schon einmal dort war weiß, diese Straße ist kaum zu beschreiben. Eine enge, einspurige Straße windet sich eine Felswand hoch, unterbrochen von 2 Wasserfällen. Die Straße ist so eng, dass es kaum möglich erscheint, dass dort auch Wohnmobile und Busse hochfahren – aber es geht! Ich habe Glück, am Abend ist da wohl wenig Verkehr und so erlebe ich eine absolut faszinierende Auffahrt. Oben angekommen parkt man am neuen Trollstigen Besucherzentrum, von wo aus man auch über einen Steg zu den Aussichtsplattformen gelangt. Ich mache mich auf den Weg zum höchsten Aussichtspunkt und sehe schon, dass die ganze Schlucht plötzlich im Nebel liegt. Na toll – da hat sich gerade jetzt ein Wolke an den Berg gekuschelt.

Da ich ja genügend Zeit habe beschließe ich zu warten, da es so aussieht als ob der Nebel vom Wind über den Berg geblasen wird. Nach ca 20 Minuten habe ich tatsächlich wieder freie Sicht auf das Tal, die Straße und die Wasserfälle – einmalig!

Nach einem kurzen Halt im Souveniershop (ich kaufe natürlich die obligatorischen Trolle) geht es wieder runter. Ich habe Glück, dass ich gleich zu Beginn ein Wohnwagengespann überholen kann und somit freie Fahrt durch die Serpentinen habe, da von unten nichts mehr kommt.

 

Ein Einkaufsstopp in Andalsnes und es geht zurück auf den Platz, wo ich mir gleich meine Wanderschuhe anziehe und mich auf den Weg zu dem Wasserfall mache. Den Wanderweg hatte ich vorab schon im Internet ausfindig gemacht.

Durch einen dichten Birken- und Farnwald führt ein kleiner, schlammiger Waldpfad zu einem beeindruckenden Wasserfall! An jeder möglichen Stelle bleibe ich stehen um Bilder zu machen. Der Pfad geht immer weiter runter und wird immer nasser. Erst als ich bis zum Knöchel im Schlamm stecke merke ich, dass ich nicht auf Gras sondern durch einen Sumpf laufe. Die Wildnis hier ist so schön und ursprünglich, dass man ständig das Gefühl hat, als würden gleich alle wilden Tiere Norwegens aus dem Gebüsch hüpfen.

Irgendwann stehe ich an einem kleinen Strand, direkt unter dem Wasserfall und komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das Bild, die Felswand, die Felsen, das Wasser welches sich über 40 m zu mir herunterstürzt – ich springe von Felsblock zu Felsblock und bin einfach nur begeistert.

Nach dem Rückweg brate ich ein paar Lachssteaks in der Pfanne, sitze in meinem Stuhl und starre die Felswand an. Total entspannt und überglücklich schlafe ich dann schon gegen 22:00 Uhr ein.

 

Übrigens: Alle haben mich vor den bösen Mücken in Norwegen gewarnt. Also erstens sind das gar nicht sooo viele -  die sind nur tw. viel kleiner als bei uns und man sieht sie nicht - und zweitens: der Spray von DM hilft tatsächlich. Ich habe noch keinen Stich!